Verwelkte Zeilen

Der Eintrag „Nichts sein und nichts lieben“ hat ziemliche Reaktionen ausgelöst, die alle in die selbe Kerbe geschlagen haben.

Um meine missliche Lage, zumindest für mich, etwas besser zu erläutern, habe ich etwas aus vergangenen Jahren gefunden. Ein Relikt, dass schon mehr als 4 Jahre alt ist. Aus Zeiten stammt, in denen meine Gedanken den heutigen nicht ähnlich waren. Zu betonen ist, dass es hier weniger um die Liebe zwischen Menschen geht, sondern die gesamte Lebensausrichtung und -verwirklichung.

Es ist ein Brief, der in meinem Tagebuch liegt, den ich seit langer Zeit nicht mehr gelesen habe.

Liebe,

nicht mehr als ein naiver Traum meiner Seele scheinst du zu sein… Fern vom Herzen, habe ich dich nur in Gedanken, während mein Herz in eine andere Richtung schlägt… mich schlägt…

Dachte ich in Vergangenheit, deinen sanften, wohligen Dunst zu spüren… ja deine Anwesenheit zu wissen, weiß ich heute, dass du nur einfältige Illusion warst.

Vielleicht bin ich fähig, den Duft zu wittern… Ist dieser letztlich nicht mehr als ein Splitter, eine Facette, die kümmerlich dich mir näher brint. Für einen herrenlosen Hund wie mich mehr als erhofft, mehr als je erwartet. Vielleicht bin ich nicht fähig, nicht bereit, dich in meiner Brust zu tragen, zu großartig für mich unschlüssigen Seelenstreicher bist du.

Aufgeben werde ich niemals, denn selbst deine kurze Visite hat mich aufleben lassen, all den Staub vom Spiegel genommen.

Ich kann die Einsamkeit ertragen, war sie mir immer ähnlich und guter Leidensgenosse. Es reicht vollkommen, dich in kürzen Schuben zu spüren, die fern ab vom Trieb sind.

Mag ich deine menschliche Form nicht gesehen habe, so glaube ich daran. Die Momente, die du in mir schwängerst, sind Grund genug für mein Hoffen, mein Wille nach dir zu streben. Insha’Allah, eines Tages, werden meine Lippen die deinigen fühlen.

Doch solltest du mich auf ewig verlassen… ehe du gehst… nimm meinen Körper mit dir…

xxx

José David

Der Träumer

Kein Geheimnis mehr, dass ich ein großer Verehrer von Jazz, Soul und Hip Hop bin. Die Fusion dieser Richtungen schafft dann für mich ein ganz neues Erlebnis, the best of both worlds.

Gestern kurz bei ARTE gesehen, kaum etwas gehört, aber nach diesen wenigen Tönen wusste ich: Das ist genau mein Ding. Das birgt es wieder in sich, das beste vom besten.

Von wem ist die Rede? José James mit seinem Album „The Dreamer“. Das Album ist bereits seit Anfang des Jahres auf dem Markt, aber da José James noch ein junges Talent ist, ging es an mir spurlos vorbei.

Mehr Jazz als der Rest, schafft seine Stimme es perfekt, sich dieser Mixtur anzupassen. Der Rhythmus spielt eine entscheidende Rolle, schlägt Loopings. Und gerade die, die Jazz als Opi-Mucke abschreiben, werden sich hier etwas anderes belehren lassen. Jose James haucht dem angestaubten Genres (sowohl Hip Hop als auch Jazz als auch Soul) neues Leben ein. Und nicht nur denen, denn wenn sich für die Produktionen auch Künstler wie Bassment Jaxx oder auch Flying Lotus eine Rolle spielen, sind noch ganz andere Musikrichtungen involviert.

Aus José James wird noch ein ganz großer Künstler, da bin ich mir sicher. Wunderbare Musik mit einer unglaublichen Coolness, die transportiert wird. Vergangenheit und Zukunft in einem, bildet eine neue Gegenwart.

Nichts sein und nichts lieben

Die letzten Tage, in denen mein Leben langsam droht, ein Alltag zu werden, habe ich viel über meine persönliche Zukunft nachgedacht. Nicht, dass ich sonst nicht introspektiv bin, aber derlei Selbstzweifel sind von seltener Natur.

Dabei stelle ich mir immer wieder die Frage, ob es gewisse Werte gibt, die für ein erfülltes Leben notwendig sind. Ich meine damit nicht bloß Dinge, die wohltuend sein können, sondern spreche von einer Art Quintessenz. Ich verwehre mich solchen Dogmen und halte es gerne wie Picasso:

„Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über das selbe Thema malen.“

Erst vor einer Woche war ich während eines Kurzurlaubs in Spanien und hatte die Möglichkeit, Zeit mit meinem jüngsten Neffen (2 Jahre, bald 3) zu verbringen. Dabei ist mir wieder klar geworden, welcher Segen Kinder sein können. Egal wie nervtötend ihr Weinen auf Dauer ist, ihr Lachen überschattet alles negative. Die ersten Schritte, die ersten Worte, der Lernprozess des Sprechens, all das sind wunderbare Momente, wie man sie sonst nicht erlebt.

Ob ich jemals ein Vater sein werde, überhaupt ein guter? Ich höre immer wieder, dass ich kinderlieb bin und eine gute Vaterfigur abgeben würde. Die Chancen, die ich in der Liebe hatte, habe ich alle nur halbherzig genutzt. Ich werde mehr und mehr kalt in dieser Hinsicht, würdige selbst schönen Frauen keinen Blick mehr. Sind es die schlechten Erfahrungen? Weniger das, auch nicht, dass ich in meiner Familie kaum Zuneigung gespürt habe. Es sind viel mehr die Erwartungen, die ich an die Liebe gestellt habe. Gedichte und Lieder waren es, die mir ein Bild vermittelt haben, was nicht mit der Realität übereinstimmen kann. Eine Vereinigung zweier Seelen, körperlich und geistig, die die Grenzen des Bewusstseins übersteigt und zu meinem Seelenheil mündet. Das ist schwer zu finden, überhaupt schwer zu fühlen, wenn man nicht bei der Sache ist.

Ich kann nicht ergründen, warum mir die Einsamkeit so attraktiv erscheint. Diese Zeilen sollen auch keine Kapitulation sein, ich stelle nicht meine Existenz in Frage. Jedoch gibt es zarte Momente, in denen mein Herz etwas warmes von sich gibt, wie sonst nie. Leider kann ich mich nicht erwärmen, diese Augenblicke zu übersteigen.

>Alles was mir bleibt, in diesen Zustand zu schwelgen, sind meine Gedanken, die ich in meinem Tagebuch verewige, in Versen und Geschichten niederbringe. Aber meine rege Brieffreundschaft mit der Liebe nimmt langsam ein Ende. Noch summe ich die Melodie auf meinen Lippen, doch werde immer leiser, bis ich vielleicht eines Tages verstumme.

Wenn die Menschen wirklich wüssten, was mein größter Wunschtraum ist. Dieser bricht alle vorstellbaren Grenzen. Ich werde ihn aber mit niemanden teilen, da er im Diesseits keinen Wert hat. Gegen ihn ist sogar die Liebe für einen Kühlschrank wie mich erreichbar.

Dumm und unfähig komme ich mir vor, fast schon hilflos, wenn ich meine Eskapaden mit der Liebe durch den Kopf gehen lassen. Bin ich unentschlossen? Ist es noch zu früh, sich tatsächlich für einen Weg zu entscheiden? Einsamkeit verlangt Standhaftigkeit und Kraft, sonst verkümmert die Seele. Zeigt sich schon der erste Schimmel?

Momente wie diese sind es, in denen ich alle tausend Schleier dieser Welt zerreissen möchte, damit wir alle wirklich sehen können. Dabei sind diese nur Schleier zwischen mir und der Wahrheit, nicht zwischen der Wahrheit und mir.

„Nichts sein und nichts lieben, ist identisch.“, Ludwig Feuerbach. Zitat des Tages bei Wikiquote, wie passend.

Scharlachrote Narbe

Um Gnade flehend
Ruf ich nach Dir
Aus dürstenden Augen
Von tiefsten Blutrot

Nunmehr könnte jedes Wort
Gleich einer Glasscherbe
Achtlos dahingeworfen
Mein Herz in Stücke schneiden

Ich habe schon so viel verloren
Abgemagert, kaum mehr als Knochen
Treibt mich die Liebe über den Rand des Wahnsinns hinaus

Umarme mich, zerfetze mich
Treib deine Klauen in mich
Raub meinen Lippen das Verlangen
Deinen Namen zu schreien
Erlöse meinen Körper von seiner Einsamkeit

Umarme mich, raub mir den Atem
Bis meine Augen nicht mehr sehen
Kein Entkommen, keine Tränen
Bis an die Grenzen gehen
Wir brauchen das Gift, das uns endlich schlafen lässt

Die Küsse die ich
Auf deiner Narbe zurückließ
Berauben mich Nacht für Nacht
Jedes sanften Traums

Ich habe schon so viel gegeben
Meine fast blinden Augen
Suchen in der Dunkelheit nach Dir

Umarme mich, löse mich auf
Bis in die Fingerspitzen hinein
Bis in alle Ewigkeit
Wie ein unendliches Ritual
Das mich dem Schmerz des Jetzt entreißt

Umarme mich, laß uns fallen
Wo wir landen ist egal
Raub meinen Lippen das Verlangen
Deinen Namen zu schreien
Erlöse meinen Körper von seiner Einsamkeit

Umarme mich, raub mir den Atem
Bis meine Augen nicht mehr sehen
Kein Entkommen, keine Tränen
Bis an die Grenzen gehen
Wir brauchen dieses Gift, das uns unendlich schlafen lässt

Minami Ozaki
Übersetzt aus dem Japanischen von Nina Olligschläger

Vom Tango

„Vom Tango“ ist der erste und einleitende Teil des Zyklus, der sich mit Fragmenten aus meinem Leben befasst. Diese Kurzgeschichte ist deshalb dementsprechend alt und schildert ein Ereignis, welches ebenso lange zurück liegt. Ich messe dieser Erfahrung sehr viel Bedeutung bei, genau wie diesen Zeilen. Tango, das ist nicht Tanz, das ist Ritual.


Den ganzen Abend lang sitze ich bereits hier. In meiner rechten Hand das Glas, gefüllt mit Martini, an dem ich nippe. Mein Bein rührt sich zum Takt des langsamen Tangos. Mein Auge fängt Dich ein. Ich beobachte, wie Du langsam zu einem Tisch gleitest. Einsam hast du Platz genommen, schaust Du voller Sehnsucht zu den Tanzenden. Mein Blick ruht fest auf Dir, Du erwiderst ihn schließlich. Ich schreite zu Dir und fordere dich zum Tanz auf, denn es ist unser Begehr. Selbst wenn Du nicht tanzen kannst, den Rhythmus bestimmen unsere Herzen, nicht das spielende Orchester. Du nimmst meine Hand und folgst mir auf die Tanzfläche. So komm näher zu mir, lass Dich von meiner Sehnsucht umschließen. Auch Du verlangst danach und drückst unsere Rümpfe aneinander. So nah beinander, kann ich Deinen Herzschlag spüren. Langsam und trist schlägt es vor sich hin, unerfüllte Gefühle, die sich in Dir regen. Bittere Erfahrungen, die sich in Deinen Augen spiegeln, die auch in mir leben. In der Luft liegt sie, die Melancholie, die wir beide versprühen.

Träge beginnt das nächste Lied. Unsere Leiber aneinander geschmiegt, läuten wir die Nacht ein. Meine Lippen verlangen nach den Deinigen, zart erwiderst Du den Kuss. Während sich unsere Zungen berühren, streicht meine Hand deinen Körper entlang. Ich umfasse deinen Oberschenkel und presse so Dein Becken sanft gegen meine Hüften. Fast wie im Liebesakt sind wir vereint. Der Kuss löst sich, ich liebkose mit dem Mund Deinen Hals, du legst die Arme um mich, schließt mich fest an Dich. Ich verliere mich in Dir, vergesse alles um mich. Schon längst verdrängt der Schmerz der Vergangenheit, bist Du es, der ich mein Seelenheil Überlasse. Deine Lippen umschlingen mich, Du schreist nach mehr, bettest deinen Körper noch enger an mich. Eine Hitzewelle steigt in mir auf, die Leidenschaft nimmt Gestalt an. Dein Atem wird schneller, ich kann es spüren. Meine Zunge erkundet Dich, der süßliche Geschmack Deiner weichen Haut liegt in mir. Meine rechte Hand an Deinem Rücken, lasse ich Dich hinab gleiten und drücke Deinen Unterleib fest an Mich. Deine Augen geschlossen, gibst Du Dich mir hin und lässt es geschehen. In mir erlebe ich Gefühle, fern von dem, was ich kannte. Instinkte sind es, die mich kontrollieren. Wir schwingen Über das Parkett, schweißgebadet sind wir. Doch das ist egal in unserem Liebesspiel.

Herbstblatt

An einem dieser Abende in dieser Woche, bin ich wie immer zu meinem Auto in die Tiefgarage. Ein kurzer schweifender Blick hinab zu meiner Stoßstange: Ein welkes Herbstblatte hatte sich an diesen dunklen Ort verirrt. Gepackt vom Mitleid, ließ ich es auf meinem Beifahrersitz Platz nehmen. Auf der Fahrt, unachtsam und in Gedanken, wäre es bei hohen Geschwindigkeiten und offenem Fenster fast davon geflogen. Wäre dies geschehen, hätte es im kalten Asphalt sein Ende gefunden.

Zu Hause angekommen, ließ ich es in der Grünanlage zurück, zwischen all dem anderen Herbstlaub. Einsam sterben, das will keiner von uns, selbst ich will unter dem offenen Meer der Sternen meine Ruhe finden.

In einer Welt und Gesellschaft wie dieser, wird man sich sagen, dass mein Akt der eines Wirren war. Mir zeigt es nur, dass ich trotz des Kriegstreibens noch nicht zum Berserker verkommen bin.