Cum autem nox adest, miles cameram puellæ intrabat

Wir saßen dort. Und selbst wenn ich wusste wo wir uns geographisch befanden, fühlte ich mich verloren. Der graue Stein des Bürgersteigs schien mir so fremd und ich schien mich aufzulösen in der lauwarmen Sommerluft. Etwas drückte mich, füllte meinen Magen so flau aus, dass mein Herzpochen überlagert wurde.

Ich versuchte zu lächeln, aber etwas zog meinen Mundwinkel herunter und lag auf mir wie eine dunkle Schwerkraft. Mit meinen Augen versuchte ich zu leuchten, dir das Gefühl zu geben der Kampf sei nicht verloren. Du warst so wunderschön anzusehen und dennoch stürzte in mir alles zusammen. Deine Augen mit meinen Tränen; erinnerte mich an Meer. Ich hielt mich in meinem freien Fall an dieser Sehnsucht fest und spürte dennoch, dass das Seil mit mir in die Tiefe nachgab. Ich versuchte zu sprechen, doch was ich sagte war belangloser sterbender Schall. Ich wollte deine Resonanz hören; wollte in deinem Klang widerhallen.

Die Bedienung brachte dir einen Kaffee ohne Milch und Zucker und mir einen Espresso. Ich hatte dich mir gebracht ohne Liebe. Dein Griff zur Tasse löste in mir höfliche Spiegelneuronen aus, denn sonst wäre ich in dieser Fremde gestenstumm geblieben. Ich setzte die kleine weisse Tasse an meine Lippe an; doch ehe ich das braun-schwarze Getränk in meinen Mund fließen lassen konnte, kam aus meiner trockenen Kehle ein starkes Husten. Du konntest es nicht sehen, vielleicht spüren, ich spuckte pechschwarzes Blut und Federn in die Atmosphäre.

In deinen Lippen lag Besorgnis vermischt mit Liebe, jedes Wort wie ein Betäubungspfeil, der das tollwütige Tier in einen kurzen Schlaf legen wollte um ihm zu helfen; doch in meiner verwilderten Leere duckte ich mich weg und ließ jede Silbe von dir abprallen. Mit jedem Ton aus meinem Mund hörte ich einen der Dämonen in mir singen und wusste, dass ich gerade am Entgleiten war. Ich versuchte mich festzukrallen; an deinen Augen, an deinen Haaren und war wie paralysiert. Alles war flüchtig; verflüssigte sich wie Dalís Uhren in einem Albtraum. Ich versuchte mich an der vergilbten verlebten Tischplatte zu klammern, die mir keinen Halt geben konnte. Filmkörner vor meinen Augen und ich wusste nicht, ob das kleine Korn einer von vielen Ascheteufel waren aus meinem Inneren.

Meine Hände gleiteten über den schwarzen Stoff meines Hemds und ich spürte eine kleine Sicherheit; wusste nicht ob es vom Samt oder der Farbe kam. Es hörte jäh wieder auf als meine Augen rastlos im Raum umher wanderten. Und ich fühlte wie mich etwas noch tiefer ergriff; wie eine Tandemhohlladung durch meine innere Panzerung brach. Versuche meine letzten Sinne zu schärfen, dir tief in die Augen zu blicken, zerstörte es mir Schwert, Schild und Panzer in einem gewaltigen Riss. Ein tiefes letztes Pochen war von meinem Herz zu spüren; ein letztes Aufbäumen. Deine Worte waren für mich wie ein Nebel und kaum verständlich; wollte aufstehen und rennen, flüchten; als etwas beim Aufstehen vom Stuhl gegen die Decke stieß und mich nicht durch die Tischreihen gehen ließ; ein Blick hinter meine Schulter zeigte eine fledermausartige Schwinge in zinngrau. Mit letzter Kraft schlurfte ich durch die Reihen ohne dir oder jemanden einen blinden Blick schenken zu können. Deine Rufe waren babylonisch und entfernt in meiner Taubheit. In meinen Augen lag die letzte Güte eines Hundewelpen, der dem Totschläger als letzten Antlitz erkannte.

Und in mir war die Nacht angekommen.

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