Wolfskind

Manchmal blickst du mich an und
erkennst nicht dass mein Hundeblick
Mehr als nur das ist
Und das ich manchmal nur Jaulen kann
Weil die Wildnis meiner Kindheit
Mich nie ganz verlassen hat
Ich war ein Findelkind im Wald
Aufgezogen von grauen Wölfen
Die mir die Sterne in der blauen Nacht erklärten
Aber nicht die Lichter dieser roten Städte
Ich weiß wie man tapfer ist
und ich weiß von der Jagd
Doch Raubtiere küssen nicht
und zeigen ihre Liebe wortlos
Und auch wenn meine Sprache rau ist
Erkenne im meinem Nachtruf
Meine Sehnsucht nach dir
Ich weiß nichts von den Sitten
Die sie in deinem Haus pflegen
Aber ich weiß wo im Wald
Lilien blühen im Duft genau wie du
Ich weiß auf welchem Berg man den Vollmond nahe ist
Weiß von deinen Augen die ihn übertrumpfen
Spüre deine Liebe,
egal wie wild ich bin

Untergang

Erwartungsvoll stehst du am Hafensteg
Deine Augen gerichtet auf die dunkle See
Wartest auf ein Zeichen im dichten Nebel
Unruhige Wellen schlagen wie Fäuste an die Küste
Ebbe wird zur Flut in deinem Innern

Heute bin ich der gottlose Schlachtruf
Der von unserem Raubzug kündigt
Heute bin ich die ruchlose Klinge
Die schreiend gewetzt zum Todestanz einsingt

Richte deinen Blick auf unser Orlogschiff
Zerfetztes Segel leichengrau
Neptun enthauptet; unser Galión
Mit meinen Träumen und Sehnsucht unter Deck
Rudern lustlos im Takt meines unsteten Herzens

Heute bin ich der Rammbock
der dein Schiffsbug zerschmettert
Heute bin ich das faulige Meerwasser
dass dein Sinken beschließt

Wankend wie die hohe See; stehe ich da
Unter meiner meteorschwarzen Augenklappe
Dunkle Materie und Sternenfriedhöfe
Mein Holzbein aus Adlerholz und Mooreiche
Tanzt ungelenk zum Phantomschmerz aller

Heute bin ich die glühende Kanone
die deinen Damm durchbricht
Heute bin ich das Schwarzpulver
das dich in Brand setzt

Kein Seeräuber dieser Weltmeere
Wird die tote Galeere jemals entern
Tausend Schüsse eurer ehrlosen Mörser
Sinkt niemals die goldene Nussschale
Verhüllt in Meeresstürmen

Doch auf hoher See
dem Dunkelmeer am Weltenrand
wo das Rudel weisser Hunde
den schwefelgelben Mond beißt
Meutern Dämonen und Engel

Lass mich glanzlos untergehen
Im Barot träumen
Blaukommen zwischen
erzgrauen Seegebirgen
und lodegrünen Tangwäldern

Überzieh mein totes Wrack mit
Zylinderrosen
Seenelken
Wunderlampen
Verborgen in den Riffen der Tiefsee
Bewacht von versuchten Drachenmuränen
und tollwütigen Bullenhaien
Verschlinge ich Leviathan

Oh Perlentaucherin
die Tiefe zerreist deine Brust;
halt dich fern von meinem Totengrab
Dem wahren Schatz
im Urgrund
meines Seins

Cum autem nox adest, miles cameram puellæ intrabat

Wir saßen dort. Und selbst wenn ich wusste wo wir uns geographisch befanden, fühlte ich mich verloren. Der graue Stein des Bürgersteigs schien mir so fremd und ich schien mich aufzulösen in der lauwarmen Sommerluft. Etwas drückte mich, füllte meinen Magen so flau aus, dass mein Herzpochen überlagert wurde.

Ich versuchte zu lächeln, aber etwas zog meinen Mundwinkel herunter und lag auf mir wie eine dunkle Schwerkraft. Mit meinen Augen versuchte ich zu leuchten, dir das Gefühl zu geben der Kampf sei nicht verloren. Du warst so wunderschön anzusehen und dennoch stürzte in mir alles zusammen. Deine Augen mit meinen Tränen; erinnerte mich an Meer. Ich hielt mich in meinem freien Fall an dieser Sehnsucht fest und spürte dennoch, dass das Seil mit mir in die Tiefe nachgab. Ich versuchte zu sprechen, doch was ich sagte war belangloser sterbender Schall. Ich wollte deine Resonanz hören; wollte in deinem Klang widerhallen.

Die Bedienung brachte dir einen Kaffee ohne Milch und Zucker und mir einen Espresso. Ich hatte dich mir gebracht ohne Liebe. Dein Griff zur Tasse löste in mir höfliche Spiegelneuronen aus, denn sonst wäre ich in dieser Fremde gestenstumm geblieben. Ich setzte die kleine weisse Tasse an meine Lippe an; doch ehe ich das braun-schwarze Getränk in meinen Mund fließen lassen konnte, kam aus meiner trockenen Kehle ein starkes Husten. Du konntest es nicht sehen, vielleicht spüren, ich spuckte pechschwarzes Blut und Federn in die Atmosphäre. Weiterlesen…

Bruchzeichen

Hörst du meinen Sprengruf, meine Liebe?
Wie er durch den ganzen Wald dröhnt
Seine Druckwelle reißt alles entzwei
Hinterlässt nur Schatten und Tod
wie die große Zarenbombe
Selbst in der sengenden Sommersonne
Trage ich meine dichte Winterpracht
Die 66 Enden meines schiefergrauen Geweihs
geziert vom silbernen Wolfsspross
Berstende Krone aus der Hölle
Meine Lichter schenken der Nacht die Sterne und
mein staubender Windfang die Orkane
Schützin, selbst mit deiner schweren Armbrust
Durchbricht dein goldener Schuss
Nicht mein bleierndes Gerippe
Sei keine Aasjägerin
Ich schlage mit letzter Kraft
Himmelsspuren an Baumstümpfen
Kirchgang zu meinem fährtenlosen Wundbett
Malepartus des sterbenen Waldgeistes
Wartend auf den Fangschuss
Deine kalte Waffe für
mein brennendes Herz

(Ver)wund(er)barer

Das Feuer ist erloschen
der Perseidenstrom verglüht
Meine Rüstung ist geschmolzen
Bleiben nur Eisenklumpen und Brandwunden
Versengtes, grässliches Fell unterbrochen
Sternennarben überall
An den Hörnern gepackt
rot mein Hemd zerschlissen
Entblösst, grau von Asche überzogen
Letzte Funken fliegen;
Zeugen meiner Brandschatzung
Gerissen und gefangen in der Wolfsangel
Der Ausbruch ist blau erkaltet und
die letzten Kriegstrümmer glühen zinnober
Alles verdrängt durch 
die rabenschwarze Nacht
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Hafen und Meer

I
Du verdrängst
Dich, uns, alles
Du verdrängst,
wie die unbändige Flut
Reißt alles nieder mit dir
Du verdrängst wie der tosende Ozean
Doch ich blitze wie tausend Regenbogen
Gleich einem Schwarm junger Bonito
auf der ersten Reise des Lebens
Ich weiß nichts vom Sterben
Selbst wenn unsere Angst groß ist wie
das Revolvergebiss des grauen Riffhais
Zerreiß mir mein Schuppenkleid,
zerfledder meine Flossen
und nimm mir meine Brüder
Die Liebe in deinen Augen
bricht dennoch bis in meine Tiefsee
In Perlmutt schimmert der Schwarm
Und verdrängt alles

II
Du verschleierst,
Dich, uns, Zweifel
Du verschleierst,
wie ein Hauch von blauem Zigarettenrauch
Du bist geschickt in deiner Zierde
Doch meine Augen blitzen durch diesen Nebel wie mein Damaszener Schwert
Schenk mir weiter diese Häme
Inmitten deiner Regenbogenhaut
ist dieser eine Funke
Von dem mein Herz Feuer gefangen hat gleich dem trockenen Holz meines mondrunden Schildes
Dieses Glimmen bleibt in mir
Mein schillerndes Amulett aus Diamant
Trage es mit dem größten Stolz in meiner Brust
Und verschleiert alles

III
Du überdeckst,
Dich, uns, Zukunft
Du überdeckst,
Wie die schwarze Ölpest
Egal ob tausend Körper dich geküsst haben
Ich bin ein kühner Seemann
Auf meiner wilden Nusschale
Und entzünde mit meinem Herzensglimmen
diesen düsteren Ölteppich
Auf dass alles brennt
Die Flammen mit uns aufsteigen
Du solltest mehr sein als nur glücklich
Ich will deine Vollendung
Auf dass wir alles überdecken

Im Geheimen

Ich kann nicht verbergen, die cobaltblaue Sehnsucht meiner Seele
Die hungernde Rastlosigkeit auf der Suche nach Unendlichkeit.

Ich kann nicht verbergen, den rubinroten Willen in meinen Adern.
Die ungeheuere Stärke die alle Widrigkeiten überstehen lässt.

Ich kann nicht verbergen, die smaragdgrüne Hoffnung meines Geistes
Die nichtendende Zuversicht und Glaube an das Licht dieser Welt.

Ich kann verbergen, die wolf-schwarze Leere meiner Seele,
die geheimen Zweifel aus den Wurzeln meines Seins.

Ich kann verbergen, die silber-glänzende Liebe meines Herzens,
Die letzte Zartheit die ich trage als schleierhafte Zierde.

Lass dich nicht blenden von Sonne und Mond.
Lass dich nicht täuschen von Nacht und Nebel.

Im Geheimen bin ich.

Jagdgründe

Mit allem Anstand und Respekt
Mit jeder Vorsicht und Zustimmung
Lass uns gehen an diesen wahren Ort
An dem deine graue Maske abfällt
Mein goldener Maulkorb zerspringt
Lass Hüllen fallen und Grenzen sprengen
Zeigen wer wir wirklich sind
Bin ich ein herrenloser Wolf
im schwarzen Glanz
Und du die kostbarste Beute
Hetzjagd nach dir Schussmutige
Falle über dich her wie
die ozeanblauen Schatten der zinnoberroten Morgensonne
über gottlose Strassenschluchten
Ein ungeheurer Biss in deinen lodernden Lippen
Ohne Halt zu deinem hauchzarten Nacken
Stille meinen maßlosen Durst an dir
Grabe mich ein in deine gütige Brust
Bis mein ausuferndes Gieren vergangen ist
Erliege ich in deinem fruchtbaren Schoss
Nichts bleibt mehr von unserer Begierde
Als Hüter unserer treulosen Spuren
Rufe ich weiter schamlos
Nach dir in die Unendlichkeit

Meteorit

Am Ende mancher Tage
wenn mein schwarzer Bart trocken wird
Weisse silbrige Schuppen aus ihm brechen
Müdigkeit mich erfasst und ich dort liege
Wie ein rostiges Bajonett
Inmitten dumpfer Kriegstrümmer einer
längst erstickten Kampfesglut
Mischt sich mein Blut mit dem Abendrot
Um aufzugehen in der blauen Nacht
Und meine Tränen sind ganz nah
den Gestirnen am Himmelsende
Erscheine dir weit weg wie mattschwarze Galaxien
In dieser Ferne erahnst du nur
Die wahre Liebe die ich hege
Wie der Schweif des herabbrennenden Meteoriten
Ich werde nicht verglühen
Wenn wir aufeinanderprallen
Wirst du spüren
Welche 
Vollendung
Du bist

Wanderer

Meine Liebe,
willst du mein Betteln und Flehen?
Versteh mich, kann mir diese
Sehnsucht nicht eingestehen
Ich bin kein Mann aus dem Bilderbuch
Mit all meinem Wahn, Dröhnen und Trällern
Ich kann nicht aufgeben
Schreite rastlos durch diese blasse Welt
Selbst wenn meine Rüstung abblättert
Bleiben Muskeln, Knochen und Wille
Ich werde alles überstehen
Überzogen von Rissen und Flechten
Erzähle ich Geschichten
wie diese leblose Eiche
Nur für dich bestimmt
Verweile bei mir
So wie ich für dich andauere
Harre aus im Schatten
Bis Zweige spriessen