Wolfskind

Manchmal blickst du mich an und
erkennst nicht dass mein Hundeblick
Mehr als nur das ist
Und das ich manchmal nur Jaulen kann
Weil die Wildnis meiner Kindheit
Mich nie ganz verlassen hat
Ich war ein Findelkind im Wald
Aufgezogen von grauen Wölfen
Die mir die Sterne in der blauen Nacht erklärten
Aber nicht die Lichter dieser roten Städte
Ich weiß wie man tapfer ist
und ich weiß von der Jagd
Doch Raubtiere küssen nicht
und zeigen ihre Liebe wortlos
Und auch wenn meine Sprache rau ist
Erkenne im meinem Nachtruf
Meine Sehnsucht nach dir
Ich weiß nichts von den Sitten
Die sie in deinem Haus pflegen
Aber ich weiß wo im Wald
Lilien blühen im Duft genau wie du
Ich weiß auf welchem Berg man den Vollmond nahe ist
Weiß von deinen Augen die ihn übertrumpfen
Spüre deine Liebe,
egal wie wild ich bin

Waisenkind

Warum kannst du es nicht hören?
Unser Lamento aus dem Waisenhaus
Gehaucht von Tabun und Sarin
Meinen Stiefbrüdern
Papa, der Vater aller Bomben
Vertrieben im  Barotrauma aus Garten Eden
Weit gereist und doch heimatlos

Was habe ich der Welt gebracht?
Vatermord und Vergessenheit
Mammakarzinome und Seelenbruch
Habe Geld in der Tasche,
doch Dämonen im Kopf
Muskeln prall,
doch leeres Herz

Zerfressen vom Skorbut meiner Seele
Wunden klaffen groß wie Supernovae
Meine wilden Augen sind Hundssterne
Liege achtlos in den Gassen von Niflheim
Die Nacht umhüllt mich wie ein Totenhemd
Teile mit der Töle Hati und dem Köter Skala
Meine Henkersmahlzeit aus Quasaren
Auf meinen Augenaufschlag folgt Dämmerung
Mein letzter Wunsch bleibst du

Furche

Irgendwo
zwischen
Drachentöter
und
Königsmorder

Zwischen
Teufelskerl
und
Engelsknabe

Irgendwo
zwischen
Sophrosyne
und
Citalopram

Zwischen
Leben
Und
Sterben

Hass mich
Abgrundtief
Niemals erreichst du
meinen Seelengrund

Lass mich sein
Im Nirgendwo
Jenseits von
Gut 
und 
Böse

Erst am Ende
Zwischen
Himmel
und
Hölle

Wirst du erkennen
Wenn aus meinem leblosen Brustkorb
Kristallweisse Gladiolen blühend brechen
Wer ich wirklich war

Revolverheld

Seele im Holster,
Geist in der Trommel,
Herz im Lauf,
Gewissen an der Mündung,
Passion am Abzug

Treibsatz aus
Nachtmahren und
Sehnsüchten

PENG, PENG!

Schüsse auf
Dämonen
Seraphe
Chimären

PENG, PENG!

Schüsse auf
72 Jungfrauen
Venus
Musen und Moiren

PENG, PENG!

Endlos bis es
mich zerreißt denn:
Ich bin nicht der Revolverheld;
ich bin der Revolver selbst.

Untergang

Erwartungsvoll stehst du am Hafensteg
Deine Augen gerichtet auf die dunkle See
Wartest auf ein Zeichen im dichten Nebel
Unruhige Wellen schlagen wie Fäuste an die Küste
Ebbe wird zur Flut in deinem Innern

Heute bin ich der gottlose Schlachtruf
Der von unserem Raubzug kündigt
Heute bin ich die ruchlose Klinge
Die schreiend gewetzt zum Todestanz einsingt

Richte deinen Blick auf unser Orlogschiff
Zerfetztes Segel leichengrau
Neptun enthauptet; unser Galión
Mit meinen Träumen und Sehnsucht unter Deck
Rudern lustlos im Takt meines unsteten Herzens

Heute bin ich der Rammbock
der dein Schiffsbug zerschmettert
Heute bin ich das faulige Meerwasser
dass dein Sinken beschließt

Wankend wie die hohe See; stehe ich da
Unter meiner meteorschwarzen Augenklappe
Dunkle Materie und Sternenfriedhöfe
Mein Holzbein aus Adlerholz und Mooreiche
Tanzt ungelenk zum Phantomschmerz aller

Heute bin ich die glühende Kanone
die deinen Damm durchbricht
Heute bin ich das Schwarzpulver
das dich in Brand setzt

Kein Seeräuber dieser Weltmeere
Wird die tote Galeere jemals entern
Tausend Schüsse eurer ehrlosen Mörser
Sinkt niemals die goldene Nussschale
Verhüllt in Meeresstürmen

Doch auf hoher See
dem Dunkelmeer am Weltenrand
wo das Rudel weisser Hunde
den schwefelgelben Mond beißt
Meutern Dämonen und Engel

Lass mich glanzlos untergehen
Im Barot träumen
Blaukommen zwischen
erzgrauen Seegebirgen
und lodegrünen Tangwäldern

Überzieh mein totes Wrack mit
Zylinderrosen
Seenelken
Wunderlampen
Verborgen in den Riffen der Tiefsee
Bewacht von versuchten Drachenmuränen
und tollwütigen Bullenhaien
Verschlinge ich Leviathan

Oh Perlentaucherin
die Tiefe zerreist deine Brust;
halt dich fern von meinem Totengrab
Dem wahren Schatz
im Urgrund
meines Seins

Regenbogenschwarz: X-te Nacht

Die Schwärze der Nacht war bereits an ihrem höchsten Punkt, als Serafin seine Wohnung betrat. Ein gedimmtes Licht entzündete sich, die Geräte reagierten auf seine Anwesenheit. Nur das rhythmische fordernde Klicken seiner Anzugsschuhe auf dem dunkelbraunen Parkett war zu hören, während er vom Flur ins Schlafzimmer ging. Achtvoll zog er zunächst seine Jacke und das Sakko aus, die er auf dem Herrensekretär niederlegte. Anschließend folgten die Anzugsschuhe, die er in einen Schuhspanner klemmte, dabei die Risse der Gehfalten musterte. Es war für ihn, als wenn er sich des Gestanks der Straße entledigte und seine Rüstung Stück für Stück abblätterte.

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Cum autem nox adest, miles cameram puellæ intrabat

Wir saßen dort. Und selbst wenn ich wusste wo wir uns geographisch befanden, fühlte ich mich verloren. Der graue Stein des Bürgersteigs schien mir so fremd und ich schien mich aufzulösen in der lauwarmen Sommerluft. Etwas drückte mich, füllte meinen Magen so flau aus, dass mein Herzpochen überlagert wurde.

Ich versuchte zu lächeln, aber etwas zog meinen Mundwinkel herunter und lag auf mir wie eine dunkle Schwerkraft. Mit meinen Augen versuchte ich zu leuchten, dir das Gefühl zu geben der Kampf sei nicht verloren. Du warst so wunderschön anzusehen und dennoch stürzte in mir alles zusammen. Deine Augen mit meinen Tränen; erinnerte mich an Meer. Ich hielt mich in meinem freien Fall an dieser Sehnsucht fest und spürte dennoch, dass das Seil mit mir in die Tiefe nachgab. Ich versuchte zu sprechen, doch was ich sagte war belangloser sterbender Schall. Ich wollte deine Resonanz hören; wollte in deinem Klang widerhallen.

Die Bedienung brachte dir einen Kaffee ohne Milch und Zucker und mir einen Espresso. Ich hatte dich mir gebracht ohne Liebe. Dein Griff zur Tasse löste in mir höfliche Spiegelneuronen aus, denn sonst wäre ich in dieser Fremde gestenstumm geblieben. Ich setzte die kleine weisse Tasse an meine Lippe an; doch ehe ich das braun-schwarze Getränk in meinen Mund fließen lassen konnte, kam aus meiner trockenen Kehle ein starkes Husten. Du konntest es nicht sehen, vielleicht spüren, ich spuckte pechschwarzes Blut und Federn in die Atmosphäre. Weiterlesen…

Bruchzeichen

Hörst du meinen Sprengruf, meine Liebe?
Wie er durch den ganzen Wald dröhnt
Seine Druckwelle reißt alles entzwei
Hinterlässt nur Schatten und Tod
wie die große Zarenbombe
Selbst in der sengenden Sommersonne
Trage ich meine dichte Winterpracht
Die 66 Enden meines schiefergrauen Geweihs
geziert vom silbernen Wolfsspross
Berstende Krone aus der Hölle
Meine Lichter schenken der Nacht die Sterne und
mein staubender Windfang die Orkane
Schützin, selbst mit deiner schweren Armbrust
Durchbricht dein goldener Schuss
Nicht mein bleierndes Gerippe
Sei keine Aasjägerin
Ich schlage mit letzter Kraft
Himmelsspuren an Baumstümpfen
Kirchgang zu meinem fährtenlosen Wundbett
Malepartus des sterbenen Waldgeistes
Wartend auf den Fangschuss
Deine kalte Waffe für
mein brennendes Herz

(Ver)wund(er)barer

Das Feuer ist erloschen
der Perseidenstrom verglüht
Meine Rüstung ist geschmolzen
Bleiben nur Eisenklumpen und Brandwunden
Versengtes, grässliches Fell unterbrochen
Sternennarben überall
An den Hörnern gepackt
rot mein Hemd zerschlissen
Entblösst, grau von Asche überzogen
Letzte Funken fliegen;
Zeugen meiner Brandschatzung
Gerissen und gefangen in der Wolfsangel
Der Ausbruch ist blau erkaltet und
die letzten Kriegstrümmer glühen zinnober
Alles verdrängt durch 
die rabenschwarze Nacht
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