Viel Lärm um nichts

Wirklich Ökostrom?

Lichtblick, der größte Ökostrom-Anbieter in Deutschland, muss derzeit Schelte einstecken.

Der Grund dafür ist, dass Lichtblick damit wirbt, mit hundertprozentigem Ökostrom zu versorgen. Das stimmt aber nicht ganz, denn aufgrund kurzfristiger Abweichungen zwischen Stromprognose und tatsächlichen Verbrauch, muss Lichtblick „grauen“ Strom über de Energiebörse dazu kaufen. Um Graustrom handelt es sich, wenn die Herkunft und Erzeugung des Stroms nicht eindeutig ist.

Laut Lichtblick handelt es sich um einen Anteil von etwa 0,5 Prozent. Das ist meiner Meinung nach nicht wirklich viel. Sicherlich hätte diese Tatsache nicht verschwiegen würde, das Medienecho ist aber viel zu groß und der Sache nicht angemessen.

Die negativen Folgen sind nämlich, dass die Verbraucher verunsichert und enttäuscht werden. Manche werden sich darin bestätigt fühlen, dass das mit dem Ökostrom nur eine Floskel ist und der Gewinnmaximierung dient. Der innere Schweinehund freut sich, man bleibt beim alten Anbieter, der möglicherweise auf Kohle- und Atomstrom setzt.

Scheinbar ist auch nicht allen klar, dass aus der Steckdose kein grüner Strom fließt, nur weil man sich für Ökostrom entschiedet hat. Viel mehr muss man sich den Stromverbrauch in Deutschland wie einen großen Pool vorstellen, in dem sich alle Energiearten (Atomenergie, Wasserkraft, Solarenergie, Steinkohle, Kraft-Wärme-Kopplung) befinden. Wenn man sich also für einen Ökostrom-Anbieter oder einen Ökostrom-Tarif entscheidet, steigt der Anteil an regenerativer Energie innerhalb dieses Pools.

Für einen direkten Bezug von grünen Strom müsste man eine direkte Leitung zu einem entsprechenden Kraftwerk haben. Hinzu kommt, dass Wasserkraft, die bei den meisten Ökostrom-Anbietern den größten Anteil ausmacht, aus dem Ausland (Norwegen, Österreich, Dänemark) stammt. Die benötigten Mengen könnte man allein mit deutschen Wasserkraftwerken derzeit gar nicht decken.

Ich sehe daher die Wahl für Ökostrom mehr als eine energiepolitische Entscheidung, um deutlich zu machen, für welche Versorgungsart sich die Konsumenten aussprechen. Im bundesdeutschen Durchschnitt machen regenerative Energien gerade einmal weniger als 13 Prozent aus. In Anbetracht des Klimawandels alles andere als ausreichend. Allerdings: Die 0,5 Prozent von Lichtblick werden überbetont, die im Vergleich zu generellen 87,1 Prozent marginal sind.

Bundesdeutscher Strommix 2006

Lichtblick spricht davon, dass Zukäufe von Graustrom aufgrund von unvorhersehbaren Entwicklungen unvermeidbar sind. Greenpeace Energy und EWS (Energiewerke Schönau), zwei weitere Anbieter von Ökostrom, widersprechen dieser Aussage. Diese decken derartigen Bedarf über direkte Lieferverträge mit Ökokraftwerken. Diese Zukäufe müssen aber kurzfristig und daher zu höheren Kosten erfolgen, was in der Kalkulation berücksichtigt werden muss und auf den Verkaufspreis umgelegt wird.

Diese Berichterstattung ist nicht gerade förderlich für das Image von Ökostrom und für mich viel Lärm um nichts. Bereits Anfang des Jahres gab es einen großen Skandal, weil einige Energieversorger dank RECS-Zertifikate ihren schmutzigen Strom als Ökostrom verkaufen können. Die gesamte Branche wurde verdächtigt, sich solcher Mittel zu bedienen. Übrigens kann diese Vorgehensweise nur deshalb funktionieren, weil die Nachfrage nach regenerativ erzeugtem Strom so gering ist, dass die Zertifikate günstig erworben werden können. Schuldig daran sind nicht zuletzt die Kunden selbst.

Ein Gedanke zu “Viel Lärm um nichts

  1. Absolute Zustimmung!

    Was will man für eine Differenz erreichen, wenn man seinen Anbieter zu 100% statt 99% Ökostrom „zwingt“? Ausschlaggebend ist doch allein der Anteil an Ökostrom am gesamt verbrauchten Strom, damit Ökostromerzeuger auf lange Sicht wachsen.

    Alles andere ist einfach nicht nachgedacht und zwanghafte Detailverliebtheit die in diesem „Big Picture“ nun wirklich gar nichts verloren hat.

    W0nk0

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