„Vom Tango“ ist der erste und einleitende Teil des Zyklus, der sich mit Fragmenten aus meinem Leben befasst. Diese Kurzgeschichte ist deshalb dementsprechend alt und schildert ein Ereignis, welches ebenso lange zurück liegt. Ich messe dieser Erfahrung sehr viel Bedeutung bei, genau wie diesen Zeilen. Tango, das ist nicht Tanz, das ist Ritual.
Den ganzen Abend lang sitze ich bereits hier. In meiner rechten Hand das Glas, gefüllt mit Martini, an dem ich nippe. Mein Bein rührt sich zum Takt des langsamen Tangos. Mein Auge fängt Dich ein. Ich beobachte, wie Du langsam zu einem Tisch gleitest. Einsam hast du Platz genommen, schaust Du voller Sehnsucht zu den Tanzenden. Mein Blick ruht fest auf Dir, Du erwiderst ihn schließlich. Ich schreite zu Dir und fordere dich zum Tanz auf, denn es ist unser Begehr. Selbst wenn Du nicht tanzen kannst, den Rhythmus bestimmen unsere Herzen, nicht das spielende Orchester. Du nimmst meine Hand und folgst mir auf die Tanzfläche. So komm näher zu mir, lass Dich von meiner Sehnsucht umschließen. Auch Du verlangst danach und drückst unsere Rümpfe aneinander. So nah beinander, kann ich Deinen Herzschlag spüren. Langsam und trist schlägt es vor sich hin, unerfüllte Gefühle, die sich in Dir regen. Bittere Erfahrungen, die sich in Deinen Augen spiegeln, die auch in mir leben. In der Luft liegt sie, die Melancholie, die wir beide versprühen.
Träge beginnt das nächste Lied. Unsere Leiber aneinander geschmiegt, läuten wir die Nacht ein. Meine Lippen verlangen nach den Deinigen, zart erwiderst Du den Kuss. Während sich unsere Zungen berühren, streicht meine Hand deinen Körper entlang. Ich umfasse deinen Oberschenkel und presse so Dein Becken sanft gegen meine Hüften. Fast wie im Liebesakt sind wir vereint. Der Kuss löst sich, ich liebkose mit dem Mund Deinen Hals, du legst die Arme um mich, schließt mich fest an Dich. Ich verliere mich in Dir, vergesse alles um mich. Schon längst verdrängt der Schmerz der Vergangenheit, bist Du es, der ich mein Seelenheil Überlasse. Deine Lippen umschlingen mich, Du schreist nach mehr, bettest deinen Körper noch enger an mich. Eine Hitzewelle steigt in mir auf, die Leidenschaft nimmt Gestalt an. Dein Atem wird schneller, ich kann es spüren. Meine Zunge erkundet Dich, der süßliche Geschmack Deiner weichen Haut liegt in mir. Meine rechte Hand an Deinem Rücken, lasse ich Dich hinab gleiten und drücke Deinen Unterleib fest an Mich. Deine Augen geschlossen, gibst Du Dich mir hin und lässt es geschehen. In mir erlebe ich Gefühle, fern von dem, was ich kannte. Instinkte sind es, die mich kontrollieren. Wir schwingen Über das Parkett, schweißgebadet sind wir. Doch das ist egal in unserem Liebesspiel.