Sterben in Barcelona

biutiful

Uxbal (gespielt von Javier Bardem) lebt zusammen mit seinen beiden Kindern im Migrantenviertel Barcelonas. Uxbal ist ein Held, der Retter der Namenlosen. Schmiert die Polizei, damit afrikanische Einwanderer weiter ihre Waren auf den Straßen verkaufen können. Kümmert sich um illegale Chinesen, die in kalten Hinterhöfen gefälschte Handtaschen herstellen. Schlägt sich herum mit seiner liebeskranken Exfrau, die sich prostituiert und ihre bipolare Störung an den gemeinsamen Kindern entlädt.

Doch der Held ist nicht unverwundbar, er leidet. Blutiger Urin ist dabei das geringste Übel, sind es Wochen, Monate, die ihm noch bleiben. Gleichgeschaltet ist sein Untergang dem seiner Schützlinge. Dieser Film konfrontiert mit Verwahrlosung und Verzweiflung, als sei der Titel „Biutiful“ nur ein zynisches Oxymoron. Hätte ich es vorher gewusst, ich hätte mir diesen Film nicht im Kino angesehen. Man fühlt sich allein gelassen mit dem unerträglichen Leiden von Uxbal, kann nachfühlen, wie es ihm geht. Quälende Bilder, jedes Mal ein weiterer Schicksalsschlag, der blaue Flecken hinterlässt. Nicht alleine der sterbende Held, jeder der Charaktere durchlebt sein eigenes Märtyrium: Der chinesische Vorarbeiter, dessen homosexuelle Affäre ihm zum Verhängnis wird. Die Kinder, die sich inmitten der Scherben befinden, Schläge aushalten. Oder die junge Frau aus Afrika, die mit ihrem Kind zurück in Spanien bleibt, während ihr Mann nach Afrika abgeschoben will. Uxbal, er kämpft darum, sie alle zu retten, auch wenn ihm der Tod im Nacken sitzt, ihn immer mehr schwächt und schwächt. Der Krebs nagt an ihm wie die pechschwarzen Nachtfalter an der Tapete im Schlafzimmer. Und was bleibt ist ein wunderschönes Filmende, was man nach diesen Bildern nicht erwartet hätte.

„Biutiful“ ist in einem anders als die bisherigen Filme des mexikanischen Regisseurs Alejandro González Iñárritu. Während „Amores Perros„, „21 Gramm“ und „Babel“ unterschiedlichste Handlungsstränge in chronologischer Unordnung zusammenknüpfen, ist das neue Werk komplett linear – und das ist nichts nachteiliges. Kaum zu glauben, die Vorgänger werden seinen Bildern überboten. Es ist quälend, dem Überlebenskampf Uxbals zu folgen, seine Unfähigkeit, wie er sich in den Tod nur noch schleppen kann. Bleibend die Eindrücke wie ein dunkles, graues Meer, dass den Betrachter ertränkt. Es ist keine offensichtliche Gewalt, kein Horror. Unterstützt von einem anderen Barcelonas, was man nicht vom Urlaub kennt, wird man damit konfrontiert, was man nicht sehen will. Und man fühlt sich schuldig für diese Opfer der Globalisierung und weiß, dass das keine Fiktion ist, sich nicht nur an diesen hässlichen Orten abspielt.

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